Elf Jahre lang bewirtschaftete Peter Tembler die Erzherzog Johann Hütte am Großglockner. Als Hüttenwirt, aber auch als Bergführer und Ortsstellenleiter der Bergrettung Kals, kennt Tembler die hochalpine Region um Österreichs höchsten Berg wie seine Westentasche. Der Vierundsechzigjährige erlebt aber auch einen Wandel. Die Gletscher um den Großglockner schwinden, während Steinschlag das Risiko zusätzlich erhöht. Vieles hat sich in den letzten Jahrzehnten verändert. Jedoch längst nicht alles zum Negativen.
Hallo Peter, elf Jahre auf Österreichs höchster Hütte. Wie ist es da oben?
Die Erzherzog Johann Hütte liegt auf einem Felssporn, der sogenannten Adlersruhe, in hochalpinem Gelände, auf 3454 Metern. Sie ist rundum von Gletschern umgeben, die größtenteils unterhalb der Hütte in die Täler strömen. Südseitig liegt das Ködnitzkees. Im Norden und Osten finden wir das Hoffmannskees und die Pasterze, Österreichs größten Gletscher. Im Westen liegt außerdem das Teischnitzkees.
Die Gletscher der Alpen schmelzen rasant zurück, auch am Großglockner. Ein kräftiger Winter wäre wichtig, um das Abschmelzen dieser Gletscher wenigstens ein klein wenig zu bremsen, oder?
Ja. Wir hatten bereits Mitte September außergewöhnlich kräftige Schneefälle. Allerdings war der Schnee bis in den Herbst schon wieder komplett abgeschmolzen – und nennenswerte Niederschläge lassen bis jetzt auf sich warten. Leider. (Stand: Januar 2025)
Der Gletscherrückgang liegt aber nicht allein am fehlenden Neuschnee.
Völlig richtig, denn insbesondere die heißen Sommermonate setzen dem Eis stark zu. Es gibt Berichte von der Pasterze, die ein Abschmelzen in der Dicke von mehr als zehn Zentimetern dokumentieren – an nur einem Sommertag! Ich selbst kann das auch am Ködnitzkees beobachten. Dort sind in nur einem Monat weit mehr als 60 Zentimeter abgeschmolzen. Das ist schon besorgniserregend.
Seit fast vierzig Jahren bist du als Bergführer in dieser Region unterwegs. Wie erlebst du die Veränderungen?
Es hat sich am Glockner und überall in den Alpen schon sehr viel verändert. Besonders wenn ich ältere Fotoaufnahmen anschaue, fällt vor allem auf, wie sehr sich das Abschmelzen in den letzten Jahren beschleunigt hat. Als ich 2006 als Hüttenwirt auf der Adlersruhe anfing, hatte sich an der langen Gletscherzunge der Pasterze eine kleine Lacke entwickelt. Heute ist dort, wo vor zwanzig Jahren noch schönstes Gletschereis war, ein riesiger See.
Welche Folgen hat das für den Alpinismus in der Region?
Wir müssen uns alle zunehmend anpassen. Das beginnt bei der Routenführung. Beispielsweise minimieren wir das Gefahrenpotential, in dem wir Routenabschnitte in den Fels verlegen und versichern. Denn der Andrang am Glockner ist so oder so sehr groß. Mit der Absicherung der Wege ersparen wir uns aber letztendlich auch Rettungseinsätze. Sicherheit geht vor!
Einige Abschnitte wurden sogar schon mehrmals verlegt oder verlängert. Wie ist die Situation am berühmten Glocknerleitl?
Früher ging ein relativ flacher Eispanzer vom Kleinglockner bis hinüber zur Adlersruhe. Durch die starke Ausaperung aber ging der Eispanzer zurück und bot für Bergsteiger lange nur noch eine schmale, steile Eisflanke. Mittlerweile muss dort sogar über längere Strecken im Fels geklettert werden. Besonders der Einstieg ist für viele Bergsteiger nicht mehr so einfach zu bewältigen. Auch diese Passage mussten wir versichern, denn sonst würden sich dort lange Staus bilden, die ebenso ein Risiko bergen.
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