Es herbstelt! Mit Nieselwetter, kalten Temperaturen, Wind und sogar Schneefall ist von nun an bei jeder größeren Unternehmung zu rechnen. Glücklicherweise schützt uns heute ein ausgeklügelter Schutzschild. Am Körper getragen, hält er uns Warm und auf Wohlfühltemperatur. Das war nicht immer so! Damit es aber auch in Zukunft so bleibt, lohnt es, sich mit den Grundsätzen des Wetterschutzes vertraut zu machen. Benedikt Tröster, PR-Manager und Bekleidungsprofi bei VAUDE hilft uns dabei.
Hallo Benedikt! Ohne gute Kleidung geht heute niemand mehr auf Tour. Kannst du uns einen Überblick geben, was sich hier in den letzten Jahrzehnten getan hat?
Wetterschutz bedeutet zum einen Schutz vor Feuchtigkeit, wie Regen oder Schnee, und andererseits vor Kälte und Wind. Der erste Regenmantel von Charles MacIntosh wurde schon vor 200 Jahren erfunden. Er hatte damals die Idee, Stoffe mit Kautschuk zu überziehen, um ihn so wasserdicht zu machen. Heutige moderne Outdoor-Jacken haben meist eine Membran für ein besseres Feuchtigkeits-Management (sprich: Atmungsaktivität) und sind natürlich viel leichter. Das liegt an sehr leichten und doch robusten Kunstfaser-Stoffen, meist aus Polyamid oder Polyester. In jüngster Zeit versuchen wir hierbei, immer mehr Recycling-Material einzusetzen.
Leder, Hanf und Loden sind also aus dem Rennen?
Fast. Heutige Wetterschutzbekleidung besteht in der Tat meist aus modernen Funktionsmaterialien. Der Schritt zur ökologisch vertretbaren Produktion besteht also meistens wie angesprochen im Recycling. Beispielsweise aber die Daune ist und bleibt auch in Zukunft nicht wegzudenken. Ebenso spielt die Wolle wieder eine größere Rolle.
Das berühmte Zwiebelprinzip: Ist es überhaupt noch up to date oder dank moderner Lösungen längst überholt?
Mit dem Zwiebelprinzip fährt man immer noch sehr gut. Man kleidet sich dabei in verschiedenen Schichten und kann dann flexibel auf unterschiedliche Aktivitätslevel, Temperaturen und Wettersituationen reagieren. Im Verlauf einer Bergtour ändert sich ja nicht nur das Wetter, sondern auch das Wärmebedürfnis, je nach körperlicher Anstrengung. Es geht darum, den Körper immer auf optimaler Betriebstemperatur zu halten und damit den physiologischen Wärmehaushalt zu unterstützen. Es gibt auch mittlerweile schon sehr gute Hybrid-Bekleidung die verschiedene Lagen kombinieren, also Wärme und leichten Wetterschutz in einer Jacke. Durch Reißverschlüsse kann man die Temperatur zudem sehr gut regulieren.
Welche Möglichkeiten des Wetterschutzes bietet die heutige Bekleidung und wo liegen die Unterschiede?
Die heutigen Möglichkeiten sind in der Tat sehr vielfältig. Viele Produkte werden mittlerweile sehr speziell auf eine Sportart zugeschnitten. Die klassische Hardshellbekleidung wird durch eine eingearbeitete Membran wasserdicht. Für ein optimales Klima, auch bei schweißtreibenden Aufstiegen, sorgen dann verschließbare Belüftungsreißverschlüsse. Es gibt sogar Kombisysteme. Dabei können Jacke und Hose verbunden werden. Besonders für Wintersportler sind diese sehr zu empfehlen.
Membrane werden auch gerne in Schuhen verarbeitet. Gerade im Herbst, bei kühlen Außentemperaturen garantieren sie ein angenehmes Fußklima.
Für die Übergangsjahreszeit tut es oft aber auch eine Softshelljacke und -hose. Sie sind stark wasserabweisend und halten Wind effektiv hab. Der Tragekomfort ist bei den dehnbaren Produkten sehr hoch und der Feuchtigkeitstransport funktioniert bestens.
So wie es einen Unterschied zwischen Soft- und Hardshell gibt, wird auch oft zwischen Daune- und Kunstfaserfüllung unterschieden.
Das stimmt. Beide Isolationsmaterialien eignen sich hervorragend für leichte Wetterschutzkleidung und Schlafsäcke. Daune galt hier lange als unschlagbar im Isolations-Gewicht-Verhältnis, ist aber auch sehr feuchtigkeitsanfällig. Kunstfasermaterialien haben hier in den letzten Jahren stark nachgeholt und sind für viele Bergsportler mittlerweile eine günstige und nicht weniger gute Alternative.
Was bedeutet eigentlich „wasserdicht“?
Das ist heute zum Glück genau geklärt. Bei der Messung wird der Stoff unter einem Messzylinder mit zehn Zentimeter Durchmesser gespannt und der Zylinder mit Wasser gefüllt. Der Grenzwert, bei dem das Wasser beginnt, sich tröpfchenweise durch das Material zu drücken, bezeichnet die Wassersäule. Die Wassersäule gibt Auskunft über die Wasserwiderstandsfähigkeit (Wasserdichtigkeit) eines Stoffes. Sie wird in Millimeter angegeben – ab 1.300 mm Wassersäule gilt ein Material nach DIN-Norm als wasserdicht. Die meisten Hersteller gehen aber natürlich auf Nummer sicher: Alle VAUDE Jacken mit Ceplex-Membran beispielsweise, weisen eine Wassersäule von mindestens 10.000 mm oder mehr auf.
Thema Kälteschutz: Wie schütze ich mich am effektivsten vor kalten Temperaturen am Berg?
Wärmende Isolationsjacken gibt es mit Wolle, Daune oder Kunstfaser-Isolation – die bekannteste ist hier wohl PrimaLoft®. Jedes Material hat seine spezifischen Vor- und Nachteile. Daune ist sehr leicht und bietet hohen Wärmrückhalt, verliert aber bei Feuchtigkeit seine Isolationsfunktion. (Wer seine Daunenjacke schon einmal gewaschen hat, versteht was ich meine.) Wolle ist ein nachwachsendes Naturprodukt, sogar regional zu beziehen und hält Menschen schon seit Jahrtausenden warm. Bei Kunstfaser-Isolation gibt es verschiedene Anwendungen, je nach Einsatzbereich. Entweder als flächiges Fleece, oder als bauschige Bällchen, die in Wärmerückhalt und Optik schon sehr vergleichbar mit Daunenjacken sind.
Wie genau sollte man die Wetterschutzkleidung, speziell den Regenschutz, eigentlich waschen?
Grundsätzlich gilt für wasserdichte, wasserabweisende und winddichte Funktionsbekleidung (Sympatex, Ceplex und Windproof Produkte): So wenig wie möglich und so oft wie nötig waschen. Bei Softshelljacken ist natürlich zunächst das Pflegeetikett zu beachten. Dann ist man mit einem Funktionswaschmittel, verschlossenen Reißverschlüssen und möglichst nur gleichfarbiger Wäsche pro Waschgang sehr gut beraten. 30° C Schonwaschgang! Um eine Reaktivierung der Imprägnierung zu erreichen, empfiehlt es sich, die Kleidungsstücke anschließend für 30 bis 50 Minuten im Trockner zu trocknen. Die gleiche Prozedur ist übrigens auch für Hardshell-Bekleidung geeignet.
Spätestens aber bei Produkten mit Daunenfüllung muss anders vorgegangen werden, oder?
Ganz genau. Daune benötigt zunächst einmal ein besonderes Waschmittel. Dem Schonwaschgang sollte dann ein gesonderter Spülgang folgen. Danach kann die Bekleidung bei niedriger Temperatur etwa 40 bis 60 Minuten im Schonungsgang getrocknet werden. Zwei oder drei beigelegte Tennisbälle lockern die Füllung auf und verhindern Verklumpungen. Wie bei den anderen Produkten auch, kann danach auf der Außenseite eine Nachimprägnierung vorgenommen werden.
VAUDE setzt sich besonders für eine ökologische Produktion ein. Aber ist bei Hardshell, Kunstfasern und Membranen am Ende nicht doch alles nur Plastik?
Der Begriff Plastik steht für eine Vielzahl an leistungsfähigen Kunststoffen, die aus unserer Produktwelt kaum mehr wegzudenken sind. Den mengenmäßig größten Anteil haben bei uns Synthetik-Fasern wie Polyester und Polyamid. Unser Ziel ist es den Einsatz dieser synthetischen Materialien so umweltfreundlich wie möglich zu gestalten. Um dies zu erreichen, erhöhen wir kontinuierlich den Recycling-Anteil in unseren Produkten. Wir setzen dabei auf bewährte Verfahren und verarbeiten PET Flaschen und sogar alte Autoreifen! Klingt abgefahren? Ist es auch! Zudem wurde dieses sogenannte Pyrolyse-Verfahren in Deutschland entwickelt.
2023 setzen wir übrigens erstmals mehr Recycling-Stoffe ein als herkömmliche Kunstfasern aus Erdöl. Und in der nächsten Sommer-Kollektion sind dann schon 80 % der VAUDE Bekleidung mehrheitlich aus Recycling-Material.
Gibt es etwas, das ich beim Einlagern des Sommer-Equipments beachten sollte?
Generell gilt: gute Pflege verlängert die Lebensdauer und Funktionsfähigkeit. Nach jedem Regen-Einsatz sollte man die Ausrüstung unbedingt immer gut trocknen, damit keine Stockflecken entstehen. Am Ende der Saison empfiehlt sich das Waschen und danach gleich das Imprägnieren, um den Abperl-Effekt wieder aufzufrischen. Aber für die meisten von uns hat das Outdoor-Jahr ja ohnehin 365 Tage. Also hat eine gute Jacke meist gar keine Zeit, um in den Winterschlaf zu verfallen!
Welche Produkte dürfen diesen Herbst/Winter in deinem Bergrucksack nicht fehlen?
Das kommt natürlich sehr auf die geplante Aktivität an, ob kurze Wanderung oder anspruchsvolle Skitour. Aber eine wärmende Isolationsjacke und ein solider Regenschutz ist bei mir im Herbst und Winter immer im Rucksack – genauso wie ein kleines Erste Hilfe-Set.
Vielen Dank für diese Einblicke. Wir wünschen einen wunderschönen Berg-Herbst!
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