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Von Wasser, Wind und Bergen

Gewinnspiel: Schnupperstunde Schweiz – Sommer

Drei Sommertage in Interlaken / Jungfrau Region

Zehn Minuten dauert die ruckelige Fahrt mit der Harderbahn. Vom nördlichen Ortsrand zieht das Stahlseil die auf Schienen laufenden knallroten Kabinen den Berg hinauf. 755 Meter hoch, mit einer durchschnittlichen Steigung von 64 %. Allein das wäre schon ein Erlebnis.

Doch die vor über einhundert Jahren erbaute Bahnanlage hält noch weitere Überraschungen offen. Das historische, denkmalgeschützte Gebäude der Talstation beispielsweise. Oder die technischen Besonderheiten dieser Standseilbahn. Eine Gams, die ganz ungeniert auf den Gleisen umherspringt. Oder die bombastische Aussicht, die sich langsam zu öffnen beginnt, während man auf den Harder Kulm fährt.

Interlaken im Herzen der Schweiz. Der Urlaubsort ist eingekesselt von Thunersee und Brienzersee, was auch den Stadtnamen erklärt. Dieser ist abgeleitet vom lateinischen „inter lacüs“, bedeutet also so viel wie „zwischen den Seen“. In der lebendigen Stadt hört man die verschiedensten Sprachen, findet die unterschiedlichsten Restaurants, aber immer auch Schweizer Alpenromantik wie aus dem Bilderbuch. Wenn man dann beim Stadtbummel den Blick hebt und zwischen den Dächern der schönen Altbauten in den Himmel sieht, so erspäht man fast schon mit Sicherheit einen der vielen Paraglider. In kunstvollen Schwüngen rauschen diese elegant und unbeschwert durch die Lüfte.

Und so lassen Katja und Fabien die Eindrücke erstmal auf sich wirken. Die beiden glücklichen Gewinner, Mutter und Sohn aus dem Schwarzwald, sind gerade erst mit der Bahn angereist und schaffen sich auf dem Harder Kulm einen ersten Überblick. Dieser Aussichtspunkt ist zwar kein wirklicher Gipfel, aber dennoch ein ausgesprochen lohnendes Ziel. Denn vom Zwei-Seen-Steg ist nicht nur die umliegende Region, sondern auch das wohl berühmteste Dreigestirn der Alpen zu sehen. Eiger, Mönch und Jungfrau präsentieren sich hier von einer besonders eindrücklichen Seite. Und selbst die Bergstation auf dem Jungfraujoch – Top of Europe, ist mit dem Fernglas gut zu erkennen. Der erste Eindruck? Überwältigend!

Keine zwei Stunden später: Was von oben noch in kräftigem Türkis leuchtete, schwappt nun erfrischend glucksend um die Waden. Der Brienzersee, das östliche der beiden Gewässer, ist weit mehr als 200 Meter tief – und ein Paradies für Kajakfahrer. Einmal mehr kommen die beiden Schwarzwälder hier mit der Multikultur der Region in Berührung. Ryan, der Kajak-Guide für die kommenden Stunden, ist Engländer, zwei weitere Tour-Teilnehmerinnen sind aus den Vereinigten Staaten angereist. 

Eine kurze Einweisung, mehr braucht es nicht, da schiebt Ryan seine Schützlinge schon mitsamt den Kajaks in den spiegelglatten See. Er selbst folgt mit geübten Schlägen. Ganz so flüssig gelingen den Schwarzwäldern die ersten Züge zwar nicht, aber das ist auch gar nicht nötig: Paddeln auf dem Brienzersee setzt rein gar nichts voraus. Dafür aber bietet es eine genussvolle, entschleunigende Unternehmung, ganz besonders natürlich für heiße Tage. Ryan weiß außerdem jede Menge über den See und seine Region zu erzählen, kennt die schönsten Anlegestellen und peppt die Tour nicht nur mit seiner humorvollen Art auf, sondern auch mit einer ganz besonderen Energiequelle: Kendal Mint Cake. Diese Süßigkeit brachte der Guide aus seiner Heimat mit und sie ist vor allem berühmt für ihren schnellen Energiekick. Schon Hillary und Shackleton sollen so ihre weltberühmten Abenteuer überstanden haben. Den Paddlern liefert das Gemisch aus Zucker, Wasser und Minze heute aber lediglich die benötigte Energie, um wieder zurück ans andere Seeufer zu gelangen. 

Der lange Tag in Interlaken endet mit den letzten Paddelschlägen unter gewaltigen Gewitterwolken. Bedrohlich leuchten diese Unwettervorboten in der Abendsonne, während sich Ryan von den beiden Gewinnern verabschiedet – nicht ohne zu versprechen, die geschossenen Fotos noch am selben Abend zu versenden. In der Nacht dann entladen sich die Gewitter mit eindrücklicher Kraft. Hell zucken die Blitze aus den Wolken. Das sonst so nahe Dreigestirn der Alpen rückt in diesen Minuten in weite Ferne.

So kräftig aber die Sommergewitter am nördlichen Alpenrand auch ausfallen, so schnell gehen sie vorüber. Der neue Morgen beginnt daher mit lockerer Bewölkung, mit einem guten Frühstück im Hotel – und schon mit dem nächsten Abenteuer. Denn heute werden Katja und Fabi nicht die Paraglider aus der Stadt heraus beobachten, sondern umgekehrt: Es geht in den Himmel über Interlaken!

Katja stehen kurz vor dem Start gemischte Gefühle ins Gesicht geschrieben. Daran haben auch die haargenauen Anweisungen der Piloten nichts geändert. Diesen Anweisungen gilt es nämlich unbedingt Folge zu leisten – ganz besonders beim Start. Hier muss unbedingt aktiv mitgearbeitet werden, um das Tandem-Gespann auch in die Lüfte zu befördern. Fabi dagegen ist gewohnt cool drauf, freut sich auf die kommenden 15 Minuten und rennt auf Kommando mit voller Kraft bergab. Sofort füllt sich der Schirm mit Luft, bläht sich sogleich auf und erhebt sich schließlich nur vom Boden, weil Pilot und Gast trotz des Widerstandes bergabstreben. Dann ist der aktive Part auch schon geschafft. Nur Sekunden später gleiten die beiden lautlos mehrere hundert Meter über dem Talboden. Ein wahrhaftig beeindruckendes Erlebnis!

Ebenso reibungslos verlief der Start für Katja. Die gemischten Gefühle wurden zur Gänze von Adrenalin, von Freude und Spaß abgelöst. Am Landeplatz mitten im Interlakener Zentrum strahlen sich daher schon bald Mutter und Sohn mit großen Augen entgegen. Aufgeregt wird da das Erlebte erzählt, werden Fotos gezeigt und Eindrücke geschildert. Die Begeisterung über dieses Erlebnis ist den Gewinnern noch Stunden später unübersehbar anzusehen. Da fahren die beiden schon längst den Bergen entgegen – denn die kommende Nacht verbringen sie nicht im Hotel, sondern auf 2.412 Metern.

Bahn und Bus bringen Bergfreunde unkompliziert in die Jungfrau Region, genauer ins Haslital, südöstlich vom Brienzersee. Im Winter ist dieses Bergtal metertief eingeschneit. Im Sommer aber zeigt sich der kompakte Grimselgranit von seiner schönsten Seite. Hunderte Meter hohe Wände, über denen weiß die Gletscher hängen. Dazwischen glitzern gleich mehrere schillernde Seen, allesamt vor fast einhundert Jahren mit mächtigen Staumauern aufgestaut. Für den Bau des Gelmer Staudamms wurden damals schon Bahngleise in schwindelerregender Steilheit auf dem Granit verlegt – ein Bauwerk das heute noch faszinierte Blicke auf sich zieht. 

Noch faszinierender ist natürlich aber eine Fahrt mit der Gelmerbahn. Mittlerweile für den Personenverkehr freigegeben, überwindet diese Anlage eine maximale Steigung von wahnsinnigen 106 %. Und so lassen sich Katja und Fabi in schwindelerregender Steilheit rückwärts den Berg hinaufziehen. 450 Höhenmeter später stehen die beiden ein Erlebnis reicher am türkisfarbenen Gelmersee, von dem man weitere 600 Meter weiter oben das Dach der Gelmerhütte im Sonnenlicht glänzen sieht. 600 Höhenmeter, die in der nachmittäglichen Sommerhitze hart erarbeitet werden müssen.

Die Gelmerhütte ist ein echtes Bergjuwel: Wanderer wie Katja und Fabi genießen auf dem Hinweg den traumhaften See mit seinem glasklaren Wasser. Dabei passieren sie immer wieder sprudelnde Bachläufe und einen Wasserfall, der sein kühles Nass paradiesisch anmutend über leicht geneigte Platten fließen lässt. Fast schon kitschig, aber das Wasser bietet nicht nur was fürs Auge, sondern wird von den beiden auch immer wieder als willkommene Erfrischung und Abkühlung genutzt. 


Eine Abkühlung der anderen Art finden die beiden Schwarzwälder unter den gigantischen Granitwänden: Hier hat sich das Gewitter vom Vorabend wohl mit aller Gewalt entladen und zentimeterdicke Eiskugeln in die Bergflanken getrieben. Unterhalb der steilen Felsrinnen liegt daher noch bis in den Nachmittag hinein eine Mischung aus Eis und Fels. Mit einem Blick bergauf und dem Eis in der Hand, lässt es sich nur erahnen, welche Kräfte hier geherrscht haben müssen. Beeindruckend, wie klein der Mensch in dieser gigantischen Bergnatur doch ist.

Aber nicht nur Wanderer, sondern auch Hochtourenfreunde steigen schwer beladen zur Gelmerhütte, um auf den Gletschern weiter oben den hohen Gipfeln entgegenzustreben. Kletterer toben sich derweil an den nahegelegenen Gelmerhörnern aus. Diese schroffen, ausgesetzten und steilen Felszähne erheben sich dreihundert Meter über den Wasserfällen, von wo aus die Alpinisten nur noch als bunte Punkte am gelb-grauen Fels ausgemacht werden können.

Auf der Gelmerhütte herrscht daher eine ganz eigene Stimmung. Der ausgelassene Abend endet nach einem kräftigen Essen spätestens um 22 Uhr – denn Frühstück wird schon ab 4 Uhr serviert. Dann herrscht vor allem ein ruhiges, konzentriertes Treiben. Wenn Rucksäcke sorgfältig gepackt, das Material klimpernd überprüft und vielleicht die letzten Zweifel beiseitegeschoben werden: Jetzt geht’s los. Den Gipfeln entgegen! 

Ganz so früh müssen die beiden Hüttenwanderer zum Glück nicht raus. Ein früher Start in den Tag macht sich im Hochgebirge aber dennoch bezahlt. Zu beobachten, wie die Morgensonne zuerst das 4.274 Meter hohe Finsteraarhorn und bald darauf schon die tieferliegenden Felsgipfel orangerot anstrahlt, zählt zu den beeindruckendsten Erlebnissen in der Jungfrau Region. Die Alpinisten sind da schon längst unterwegs, schalten vermutlich gerade ihre Stirnlampen aus und freuen sich über die ersten warmen Strahlen des Tages.

Getoppt wird dieses Spektakel nur noch von einem Steinbock, der gemeinsam mit seinem Sprössling nur wenige Meter hinter der Hütte von Fabi entdeckt wird. Schnell werden die Kameras gezückt und Fotos geschossen. Ein bewegender, faszinierender, fast schon rührender Moment. Wie geschickt diese Tiere selbst in den steilsten Felspassagen umhertanzen. Wie sie auf ihrer Suche nach Essbarem der Hütte so nahe kommen. Und wie sie in der rauen Bergwelt überhaupt überleben, denke man da nur an das Unwetter der vorherigen Nacht. Mehr Zeit zum Sinnieren bleibt allerdings nicht. Dann klettern die geschickten Berggeher schon wieder hinauf in die kalte Morgenluft, wo sie lautlos hinter haushohen Findlingen verschwinden.

Ein Schweizer Bergerlebnis mehr. Eine weitere Erfahrung in einer ganzen Reihe wunderbarer Erinnerungen, welche die beiden Schwarzwälder auf ihrer dreitägigen Reise sammeln durften. Drei Tage, die sich auf der Heimreise wie ein gut gefüllter Wochenurlaub anfühlen. Drei Tage zwischen Interlaken und der Jungfrau Region. 

Autor: Benni Sauer

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