Es gibt in der Outdoorbranche dutzende Hersteller, die sich als eierlegende Wollmilchsäue präsentieren. Alleskönner. Die sich dann mit breit gefächertem Produktportfolio sowie durchweg höchster Funktionalität und Qualität rühmen. Und es gibt Firmen wie Gregory. Die machen dann zum Beispiel Rucksäcke. Und sonst nichts. „Nothing but packs“ eben. Wenn man sich dann etwas tiefer mit der Materie befasst, merkt man auch schnell, warum das durchaus Sinn macht: Rücksäcke sind ein Schlüssel zur erfolgreichen Tour.
Sicher: Ohne Schuhe läuft es sich definitiv auch schlecht über den Bergpfad. Ohne Jacke wird einem kalt. Und ohne Zelt regnet es einem nachts ins Gesicht. Alles eher unangenehm. Aber ohne einen guten Rucksack, wärs eben auch nichts – immerhin trägt er, tragen wir mit ihm unser ganzes Hab und Gut. Und da geht es im wahrsten Sinne um tragende Teile. Jemand der das schon im zarten Alter von nur 14 Jahren verstand, ist Wayne Gregory.
Der junge Wayne Gregory wuchs im sonnigen Kalifornien auf und war begeisterter Pfadfinder. Nur die Rücksäcke, die taugten ihm nicht so recht und so fing er an zu basteln. Das allererste Gregory-Modell war also ein rustikales Konstrukt aus Holzstreben, einem Aluminiumrahmen und Tragegurten, die nichts weiter waren als mit Schaumstoff ausgestopfte Socken. Das klingt jetzt vielleicht nicht sonderlich herausragend, doch Wayne brachte so den Stein ins Rollen: Weil damals, im Jahr 1962, die verfügbaren Rucksäcke nicht den Ansprüchen des Pfadfinders genügten, beschloss er, sein Modell weiter und weiter zu perfektionieren. Eine Entwicklung, die übrigens bis heute anhält.
Acht Jahre später. Wayne Gregory strebt noch immer dem perfekten Rucksack entgegen. In der Küstenstadt San Diego gründet er im Alter von 22 Jahren seine erste Firma. 1970. Mit nur 500 Dollar in der Tasche. Der Name des Unternehmens: Sunbird.
Sunbirds Spezialgebiet waren große Trekking-Rucksäcke mit externen Aluminiumframes. Und schon damals legte er großen Wert auf die kleinen Details. Sunbirds erster Rucksack, der Hip Hugger, hatte eine ganze Reihe hochinteressanter und innovativer Features. Zum Beispiel verstellbare Schultergurte oder ein Hüftgurt-System, das den Rücken effizient entlastete. Echte Neuheiten! Anscheinend aber war Wayne Gregory seiner Zeit weit voraus, denn das Unternehmen Sunbird wurde schon nach drei Jahren geschlossen.
Sunbird war Geschichte, aber Wayne noch lange nicht am Ende. Als freiberuflicher Designer arbeitete er in der Outdoor-Branche und erkannte dabei schon bald, welche Vorteile ein Verzicht seiner früher selbst entworfenen Außenrahmen bieten könnte. Gemeinsam mit seiner Frau Susi gründete er schließlich 1977 Gregory Mountain Products. „Immerhin muss ein Rucksack so gut passen, wie ein Paar Schuhe“. Wayne wusste also schon damals sehr genau, wohin der Weg gehen wird.
Seit Waynes Socken-Prototyp sind sechzig Jahre vergangen, 45 Jahre unter den Namen Gregory. Viele Jahre, in denen sich für die Rucksackprofis eigentlich gar nicht so viel verändert hat. Der Hauptstandort ist heute zwar in Salt Lake City und auch die Frisuren der Gründer haben sich im Laufe der Jahre ein ganz klein wenig verändert. Doch wie schon damals, ist mit dem perfekten Rucksack noch lange nicht Schluss. Denn gut ist in Salt Lake City eben noch lange nicht gut genug. Gregory brachte den hüftgestützten Rucksack auf den Markt. Gregory ertüftelte ein justierbares Tragesystem. Gregory stellte erstmals speziell an die Anatomie der Frau angepasste Rucksäcke her.
Und heute? Der Trekking-Klassiker Baltoro wurde neu erfunden und wieder punktet dabei das Herzstück der Firma Gregory: Das Tragesystem! Mit dem Response A3 suspension system ermöglichen Schulter- und Hüftgurt einen gigantischen Bewegungsspielraum, damit sich der Rucksack auch wirklich bei jeder Bewegung nahtlos an den Rücken schmiegt und der Träger gut ausbalanciert die Kontrolle behält.
Daneben sind es aber, wie für Gregory üblich, die Details. Befestigungsschlaufen, Kompressions-Riemen und Schnallen an allen nur erdenklichen Positionen. Eine clever positionierte Regenhülle, die immer erreichbar ist. Ein kleiner Clip, der zwar erstmal gefunden werden will, der einem dann aber die Sonnenbrille abnimmt und sie sicher verstaut. Einmal gefunden, einmal genutzt, will man dieses kleine Helferlein nicht mehr missen.
Nachhaltig und fortschrittlich. Wayne Gregorys regelrechte Besessenheit lebt bis heute in Salt Lake City weiter. Gleich hinter dem Firmengebäude testen Bergführer die Prototypen auf Leib und Seele – Prototypen, die von Näherinnen hergestellt wurden, die schon seit mehr als vierzig Jahren nichts anderes tun. Eben seit der Gründung der Firma im Jahr 1977.
Und auch Klassiker wie der Baltoro, oder der Deva, wie sich das Frauen-Pendant nennt, können immer noch besser werden. So gelang es den Carbon-Footprint bei der Produktion der neuen Serie um 31% zu reduzieren. Dabei spielen natürlich rezyklierte Materialien eine große Rolle, aber wie bei Gregory so oft, liegt auch hier der Schlüssel wieder im Detail. Zum Beispiel wurden zuvor noch die Schultergurte während des Transports von einem Wellpapperohr geschützt. Die Pappe wurde nun verbannt und, um auch weiterhin einen schonenden Transport zu gewährleisten, kurzerhand ein spezielles biologisch abbaubares Luftkissen entwickelt. Danke dieser Umstellung spart das Unternehmen jährlich ungefähr 3,5 Tonnen neuer Wellpappe, die sonst auf dem Müll landen würde. Lange Rede, kurzer Sinn: Immer wenn man glaubt, es geht nicht besser, kommt Gregory und macht es. Besser. Viel besser. Seit 1962. Als ein junger Pfadfinder seine Socken mit Schaumstoff ausstopfte und sie als Trageriemen für seinen Rucksack verwendete.
Autor: Benni Sauer
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