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PORTRAIT: Gudrun Weikert

Gerade erst aus der Schweiz gekommen, sitzt Gudrun Weikert in ihrer hellen Wohnküche vor mir und schnell merke ich, dass sie gerne sagt, was sie denkt. Ein angenehmes Gespräch, von Anfang an. Ohne schnöden Small-Talk, dafür mit ehrlichen Worten, Mut und einem wunderbaren Espresso, den mir Gudrun eigenhändig durch die Maschine hebelt. 

„Bis gestern war ich noch bei der Berg- und Skiführer-Hochtourenprüfung in der Schweiz!“


Nein, nicht sie wurde geprüft. Sie hat auch nicht geprüft. Vielmehr hat sie diese Prüfung organisiert und schaut nun, dass auch alles mit rechten Dingen zugeht. Erst ein Sportstudium. Dann eine Fachsportlehrerausbildung, zur staatlich geprüften Skilanglauflehrerin, später eine Zweite, zur staatlich geprüften Berg- und Skiführerin. Prüfungsvorsitzende der Fachsportlehrerausbildung. Vorsitzende der Ausbildungskommission. Eigentlich komme ich schon gar nicht mehr mit, spüre dagegen nur, dass Bewegung ihr Leben ist. Oder ist es umgekehrt?


„Ich war 26 Jahre alt, als ich mich zur Bergführer-Ausbildung bewarb. So wurde ich Deutschlands erste Bergführerin. Dabei wollte ich eigentlich nie etwas Besonderes machen – sondern einfach nur mein Ding!“


Dieses Ding ist schließlich doch ganz beachtlich geworden. Davon überzeugt mich Gudrun ganz ungewollt mit jedem Satz, mit jedem Wort: Eiger. Nordwand. Yosemite. Half Dome. Aber da sind auch Worte, alpine Routen, die an vergleichsweise kleinen Glocken hängen – zumindest für die breite Masse. Rebitsch-Spiegel zum Beispiel. Eine Kletterroute, die selbst nach ihrer Sanierung noch ernsthaften Charakter hat.

Dabei fing alles ganz harmlos an. Als Mädchen spielte sie eben lieber Eishockey, als sich im Eistanz zu üben. Und als die jungen Männer ihren Motorradführerschein machten, da machte Gudrun einfach mit. So führte sie auch ihr späterer Ehemann in die Berge, ans Klettern.


„Plötzlich waren die Berge vor meiner Haustür greifbar, ich konnte sie lesen. Und während die Frauen damals noch am Einstieg auf ihre Männer warteten, da kletterte ich einfach mit. In der Ausbildung zur Bergführerin musste ich schließlich auch mit den Männern mithalten. Manches konnte ich beispielsweise durch eine gute Technik ausgleichen. Aber manchmal muss man als Frau auch einfach mehr tun.“


All diese Aufgaben füllten Gudrun Weikert aus. Drei, vier, fünf Jahre. Bis sie Mutter wurde. Da schien ihre Welt ganz plötzlich einzubrechen. Die Depression: Ein halbes Jahr, allein mit der neuen Mutteraufgabe, aus der die junge Bergführerin nur entkam, als ihr Mann sich schließlich um die Tochter kümmerte und Gudrun endlich wieder zu ihrer Arbeit in die Berge konnte.


Wir reden lange. Wie es war, wenn Gäste am Morgen der Tour auf dem Parkplatz den Bergführer nicht finden konnten, dabei aber Gudrun fast schon vor ihrer Nase stand. Wie es war, wenn Gäste sie nur als Sprungbrett auf den Gipfel missbrauchten, was sie so gar nicht leiden kann. Gudrun lacht aber selbst darüber.


Sie erzählt. Wie es war, auf der Shackelton-Traverse in schlechtes Wetter zu geraten – in Südgeorgien, dem für sie schönsten Land der Erde. Und darüber welche Unternehmung sie gerne noch umsetzen würde. Keine besonders spektakuläre sei es. Eher die Verbindung zwischen einer Person und der Tour würde daraus etwas Besonderes entstehen lassen. Wie Gudrun darüber redet, spüre ich, welch starker Frau ich eigentlich gegenübersitze. Einer Frau, der es gelang, sich von all dem Schubladendenken zu lösen, von Prestige-Touren, und eigentlich auch von allem, was man nicht für sich selbst macht.


„Hör endlich auf dich mit irgendjemandem zu vergleichen. Geh nur für dich selbst in die Berge. Mach es für dich! Nur so funktioniert es!“

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