Die Felbertauern Straße stellt tatsächlich einen ganz wunderbaren Weg über, oder eher unter dem Alpenhauptkamm dar. Hatte uns eben noch in Mittersill die Wolkendecke fest eingehüllt, warten im südlichen Tauerntal schon die ersten Sonnenstrahlen. Unser Plan ging auf! Jetzt ist es nicht mehr weit. Vorbei an Lienz. Bis ins kleine Kartitsch.
Kartitsch liegt nur einen Steinwurf von der italienischen Grenze entfernt im Tiroler Gailtal. Auf 1350 Metern scheint hier die Zeit stehengeblieben zu sein. Ein paar urige Höfe. Ein Restaurant. Sogar ein winziger Skilift, auf dem natürlich Familien mit Kindern bestens aufgehoben sind. Lange Gesichter bekommen wir Eltern da trotzdem zu sehen – nämlich als die Kinder erfahren, dass wir eben nicht zum Skifahren in Kartitsch sind. „Wir sind den ganzen weiten Weg hierhergefahren, um nicht Ski zu fahren?“
Fast macht sich Ratlosigkeit breit, aber wir steuern gegen: „Kartitsch wurde sogar schon als Bergsteigerdorf ausgezeichnet. Das ist etwas ganz Besonderes! So dürfen sich nämlich nur Orte nennen, die viel Wert auf die Natur, auf ihren Schutz und auf einen nachhaltigen Tourismus legen!“ Ganz so viel können die Kids mit diesen Informationen zwar noch nicht anfangen. Doch als der Traktor von nebenan in der Dunkelheit beginnt, die kleine Piste vor unserem Hotelfenster zu präparieren, merken auch die Kleinsten, dass hier in Kartitsch irgendetwas anders ist.
Der Name Bergsteigerdorf steht nicht nur für sanften Tourismus, sondern auch dafür, dass hier selbst im Winter den Gipfeln entgegengestrebt wird. „Für die Unberührtheit des Gebietes und den dörflichen Charakter dieser Region spricht, dass neben dem Lesachtal auch der westliche Teil des Tales, das Tiroler Gailtal mit seinen Ortschaften Kartitsch, Obertilliach und Untertilliach zu den Bergsteigerdörfern gehört.“ So schreibt es der Österreichische Alpenverein, Projektträger der Bergsteigerdörfer.
Und in der Tat ist der Dorfcharakter hier durchaus ausgeprägt. Keine wuchtigen Hotelkomplexe. Keine Großparkplätze für gigantisch große Skigebiete. Und überhaupt sieht man auf den ersten Blick doch eher wenig bis gar nichts. Der geübte Familienvaterblick aber erkennt so einiges: Einen erholsamen Familienurlaub. Entschleunigung. Und er sieht Kinder, die abends müde und glücklich in ihre Betten fallen. Die Kids finden nämlich schnell eine lohnende Unternehmung: Das Winterwanderwegenetz ist hier ausgesprochen eng gestrickt.
Denn was für Bergsteiger gilt, lässt sich in Kartitsch wunderbar auch auf die Wanderer übertragen. Das ganze Jahr über locken lohnende Routen – im Winter natürlich auf präparierten Wegen und durch romantische, lawinensichere Täler. Das Ziel erreicht man dabei immer aus eigener Kraft. Die Infrastruktur ist vollkommen ausreichend, ohne Trubel, dafür aber immer mit viel Ruhe, Natur und Abgeschiedenheit. Mehr braucht es meistens auch gar nicht. Und wenn es wirklich mal hart auf hart kommt, ist man auch über die kleinen, überdachten Bänkchen am Wegesrand umso dankbarer, besinnt sich auf das Wesentliche, und spürt die Natur noch intensiver.
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