Die Schwierigkeit eines Dreitausenders ist ein komplexes Thema: Was für den einen noch als Wandern durchgeht, ist für den anderen längst eine ernsthafte alpine Kraxelei. Dennoch lassen sich auch hierbei einige objektive Kriterien finden. Wir stellen auf den folgenden Seiten nur Gipfel in Österreich vor, die sich ohne Pickel und Steigeisen (kein Gletscherkontakt), Klettersteig-Set und Seil besteigen lassen. Auf der SAC-Wanderskala wird die Kategorie T4 bis T5, also (anspruchsvolles) Alpinwandern nicht überschritten, wofür es dennoch „großer Erfahrung im hochalpinen Gelände“ bedarf. Hinzu kommt: Wer die magische 3000er-Marke knackt, bewegt sich in relativ großer Höhe. Und dort könnten Grünschnäbel das Wörtchen „leicht“ auch mal leicht falsch verstehen. Widrige Verhältnisse wie Regen, Vereisung oder ein Frontgewitter verwandeln vermeintlich einfaches Gelände schnell in schwieriges und gefährliches Terrain. Auch die Höhe an sich sollte man nicht unterschätzen. Sie stellt nochmals höhere Anforderungen an die Kondition und die allgemeine körperliche Verfassung. So mancher spürt auf 3000 Metern schon erste Symptome der Höhenkrankheit wie leichte Kopfschmerzen oder Schwindel.
Trotzdem: Man muss kein Alpinist sein, um 3000er-Luft zu schnuppern. Und machen wir uns nichts vor: „Dreitausender“ klingt viel besser als „Zweitausendneunhunderter“, auch wenn letzterer mitunter der schwierigere und vielleicht auch schönere Gipfel ist, oder etwa nicht? Dass es eine Zugspitze (2962 m) und eine Große Zinne (2999 m) gibt, ignorieren wir hier der Ordnung halber einfach mal.
Text: Günter Kast
Verwall (3168 m) – Wächter des Verwall
Charakter: Gutmütiger Wander-Dreitausender, den man besser auf zwei Tourentage verteilt, oder aber eine Bike&Hike-Tour daraus macht: Bis knapp vor die Hintere Malfonalm kann man mit dem Bergrad fahren.
Start/Ende: Parkplatz in Pettneu am Eingang zum Malfontal (1243 m).
Route: Gut drei Stunden sollte man für den Zustieg einplanen. Ab der Edmund-Graf-Hütte folgt man der roten Markierung über das Schneefeld oder das Kar und erreicht bald einen Felsaufschwung. Diesen überwindet man entweder mit Hilfe von Drahtseilen, oder man bleibt im Geröll. Vom Sattel zwischen Kleinem und Großen Riffler in Blockgelände hinauf zum Südgipfel.
Wegen seiner leichten Erreichbarkeit und Dominanz war der höchste Gipfel der Verwall-Gruppe bereits Mitte des 19. Jahrhunderts ein populäres Ziel. Der Deutsche Josef Anton Specht und der Montafoner Bergführer Jäger Franz Pöll stiegen dem Hohen Riffler 1864 als Erste aufs Dach. Die beiden waren so eine Art alpinistisches Dream-Team ihrer Zeit, denn auch am Piz Buin hatten sie die Nase vorn. Ob sie wohl wussten, dass es im Zillertal einen Berg gleichen Namens gibt, der mit 3231 Metern sogar noch etwas höher ist?
Neidisch brauchten sie auf jeden Fall nicht zu sein. Denn „ihr“ Oberländer Riffler, hoch über Pettneu in Tirol, macht optisch richtig etwas her, damals wie heute. Der Normalweg auf den beliebten Dreitausender über den Karl-Handl-Steig führt an der schön gelegenen Edmund-Graf-Hütte vorbei auf den Südgipfel. Das geht ohne technische Schwierigkeiten und Eisberührung, aber es sind insgesamt sechs Stunden im Aufstieg zu bewältigen. Besser also, man übernachtet auf der Hütte. Nur zwei Meter höher, aber deutlich schwieriger zu erreichen ist der Nordgipfel (Kreuz): Mit Kletterstellen im dritten Grad bleibt er erfahrenen Bergsteigern vorbehalten. Um den Panoramablick auf dem freistehenden, östlichen Pfeiler des Verwall zu genießen, tut es aber auch der Südgipfel. Wer Lust auf eine einfachere Fleißaufgabe hat, steigt in fünf Minuten hinüber zum über dem Pettneuer Ferner aufragenden Kleinen Riffler (3014 m).
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