Ist es nicht wunderbar, am Gipfelkreuz den Blick schweifen zu lassen? Am besten in alle vier Himmelsrichtungen. Hinab ins Tal. Oder hinauf in die Sterne. Der Perspektivwechsel tut gut, was sich sogar begründen lässt. Wir entfliehen dabei effektiv dem Alltagsstress und entspannen uns. Das wiederum führt zu einer positiveren Grundstimmung, macht uns stark, schenkt uns Kraft. In einer immer turbulenter werdenden Welt, ist so ein Fernblick ein echter Ruhemoment. Ein Moment, der in Erinnerung bleibt.
Viel braucht man nicht, um den Blick schweifen zu lassen. Doch mit etwas Geschick wird daraus ein echtes Erlebnis. Beispielsweise, wenn es darum geht, seltene und scheue Tiere plötzlich aus nächster Nähe zu beobachten. Oder, wenn das erste Licht des Tages über den erreichten Gipfel der Sonnenaufgangstour streift. Oder aber, wenn der Vollmond aufgeht, so schön und prachtvoll wie hier vom Loischkopf im Brandnertal gesehen. Hier legen die Bergbahnen im Sommer sogar eine Nachtschicht ein. Um den unendlichen Weiten des Weltalls noch ein Stückchen näher zu sein. Dann lohnt es sich vorbereitet zu sein. Ferngläser, Kameras und Teleskope haben alle ihre ganz speziellen Einsatzgebiete: Von der klassischen Fotografie, über Tierbeobachtung bis hin zur Astronomie.
Auf den folgenden Seiten erfährst du nicht nur, wo der Blick in die Ferne am beeindruckendsten ist, sondern auch, wie du ihn zu einem unvergesslichen Erlebnis werden lässt.
Autor: Benni Sauer
Drei österreichische Tüftler erfinden eine alte Idee neu und erobern damit den Alpenraum: das Viscope – das Visual Information Scope. Vorbei sind die Zeiten unscharfer Münz-Fernrohre auf wackeligen Aufbauten. Viscopes liefern nicht nur gestochen scharfe Bilder, sondern auch noch Informationen aller Art. Eingeblendet in ein 35° umfassendes Gesichtsfeld. Schwenkbar und auf Wunsch vollkommen autark.
Tirol, 2009. Nur zwei Minuten bleiben den Viscope-Erfindern beim Ideen-Casting „Die 120 Sekunden Chance“. Wenig Zeit. Immerhin stecken schon zwei Jahre Arbeit sowie eine sechsstellige Summe im ersten Prototyp. Offensichtlich aber geht der Plan auf: Das Produkt weckt eine ungeahnte Begeisterung.
Die ersten Viscopes konnte man schon wenig später auf der Zugspitze und am Großglockner finden. Mittlerweile stehen Viscopes im gesamten Alpenraum – und darüber hinaus! Von der Nordsee-Halbinsel Butjadingen bis in die Dolomiten. Von Norwegen bis Rom. Und von Wien bis zu den Pyrenäen. Wo immer sich ein Blick in die Ferne lohnt, finden Viscopes ihren Platz. Das besondere daran? Ein eingeblendetes Hologramm, welches nicht nur die Namen der umliegenden Gipfel zeigt, sondern auf Wunsch auch weitere Informationen aller Art: Höhenangaben, Gletscher, Täler, Hütten, Wanderwege oder Klettersteige. Die Technik dahinter ist nicht neu. Sie wird auch in der Astronomie oder in Kampfflugzeugen eingesetzt. Ein bereits ausgelaufenes Patent aus dem Jahre 1920 aber verknüpft nun die Technologie mit den Tiroler Fernrohren. „Eine Weltneuheit. Bis heute einzigartig!“ Norbert Span, einer der kreativen Köpfe der Erfinderfirma idee GmbH weiß wovon er spricht. Der leidenschaftliche Amateurastronom hat mit seinem Wissen maßgeblich zum Erfolg des Viscopes beigetragen.
Die cleveren Fernrohre, montiert auf einer massiven Säule, sind angenehm einfach schwenkbar. Die einzig benötigte Energiequelle ist jederzeit und frei verfügbar: Licht! Ein 360°-Diafilm erledigt den Rest. „Das Gerät verfügt über ein AR (Augmented Reality) System – das heißt es werden Informationen als Bilder über die reale Landschaft eingeblendet.“ Schwenkt man das Viscope, bewegt sich auch das eingeblendete Hologramm. Punktgenau sind alle Informationen jederzeit sichtbar.
Natürlich aber haben die Tüftler ihre Idee perfektioniert. Die Digitalisierung macht Neues möglich. Es handle sich dabei um eine Weiterentwicklung des analogen Systems, erklärt Span. „Nur anstatt des 360° Diafilms kommt hier nun ein Bildschirm zum Einsatz, der auch Bewegtbilder einblenden kann. Mittels digitaler Encoder weiß das digitale Viscope immer welchen horizontalen Winkel es einnimmt. Je nach Position wird ein bestimmter Inhalt eingespielt.“ Dabei sind der Kreativität keine Grenzen gesetzt. Sich verändernde Gegebenheiten beispielsweise: „Mittels eines Drehrades können die Gletscherstände von 1850 bis heute verfolgt werden. Ein solches Viscope steht am Dachstein in der Bergstation – es ist das erste seiner Art.“ Ebenso gut können aber auch auf Grundmauern einstiger Gebäude digitale Nachbildungen entstehen. Viscopes verknüpfen also auf spielerische Art nicht nur Berg und Tal, sondern auch Zukunft und Vergangenheit.
Vom Alpbachtal bis nach Zermatt. Kaum jemand hat noch nicht durch ein Viscope geschaut. Keineswegs nur im Gebirge, sondern auch im Flachland oder sogar in Großstädten kommen die modernen Fernrohre zum Einsatz. Tourismusregionen werden durch die Viscopes effektiv in Szene gesetzt. Dabei ist die Installation kein Hexenwerk, kann sogar eigenhändig durchgeführt werden. Das Fernrohr selbst ist dabei robust und wetterbeständig, hält ganzjährig widrigsten Bedingungen stand. „Wichtig war uns aber auch, dass Viscopes nahezu vollständig in Tirol produziert werden. Einzig die Bildschirme der modernen Varianten beziehen wir aus Asien.“ Weitere Einzelheiten über das Innenleben der Fernrohre möchte Span, seinerseits auch Optiker, allerdings nicht verraten. Nur so viel: „Wir hatten eine überraschend simple Idee gehabt, wie wir das Problem, in ein optisches System etwas einzublenden, umgehen.“
Der Blick durch ein Viscope bleibt in Erinnerung. Staunende Gesichter und strahlende Kinderaugen sind keine Seltenheit. Und noch etwas fällt auf: Der bis dato übliche Münzeinwurf ist Geschichte. Auch hier revolutioniert das Viscope das frühere Wackel-Fernrohr. „Die Gäste bezahlen ja häufig schon für Bergbahn, Anfahrt oder Aufenthalt. Für das Betrachten eines Bergpanoramas zusätzlich Geld zu verlangen, widerstrebt unserem Verständnis alpiner Inszenierung.“
(...)
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