Neulich stolperte ich in den Weiten des Internets über ein kurzes Video. Die darin gezeigten Bilder waren schon mehrere Jahrzehnte alt, mit ausgewaschenen, fahlen Farben. Unscharf und wackelig. Kinder, Eltern und Großeltern genossen den Schnee. Wollhandschuhe. Holzski. Anzestrale Musik unterstrich die Bergromantik: Damals war alles besser!
Es folgte ein harter Cut. Verzerrte Gitarrenriffs donnerten, während knallbunte Punkte staubend die unberührten Hänge hinabbretterten. Action, Adrenalin, Abenteuer! Coole Jungs und Mädels mit Hightech-Equipment am spätwinterlichen Berg. Was für ein treffendes Beispiel für den Wandel der Alpen. Alle reden dabei immer nur über den Klimawandel. Über abschmelzende Gletscher und den Schnee, der auch diesen Winter wieder viel zu lange hat auf sich warten lassen. Dabei nagt nicht nur das Klima an unseren geliebten Bergen. Auch wir tun das – oft ohne es überhaupt zu merken.
Damit ist nicht der zunehmende Tourismus, der Ausbau der Skigebiete, der Bau immer größerer Attraktionen gemeint. Es geht um das Bild in unseren Köpfen!
So oft sehnen wir uns nach Ruhe. Nach Abgeschiedenheit und Wildnis. Sehnsüchtig schauen wir uns dann die Filmchen an. Von früher – wo alles besser war. Im selben Zug aber schnellen wir uns das modernste Skimodell unter die Füße, ersteigen einen nach den neuesten Standards angelegten Klettersteig, duschen am Abend auf einer Hütte weit über der 3000er-Marke und meckern, wenn dann auch noch das WLAN ausfällt. Aber ist es wirklich das, was wir wollen? Ändern wir damit nicht gemeinsam das Bild? Das Bild, das wir in unserem Geiste von den Alpen haben?
In dieser Frühlingsausgabe finden sich gleich mehrere Ideen und Vorschläge, um aktiv dieses Bild wieder in ein ausgeglichenes Licht zu rücken. Beispielsweise im Raurisertal. Da fliegen tatsächlich noch gigantische Geier über nahezu unverbauten Tälern. Da findet man sogar noch Gold in den Flüssen und Gipfel, die eine lange, eine sehr lange Geschichte zu erzählen haben.
Auch im Tessin heben wir Schätze, die sich gut mit der Ursprünglichkeit der Alpen in Verbindung bringen lassen. Wir erklären außerdem, wie man eine Nacht unterm alpinen Sternenzelt Realität werden lassen kann – so wie früher. Und in einem ausführlichen Ratgeber dreht sich alles um einen kleinen Ausrüstungsgegenstand, der heute völlig zu Unrecht aus der Mode gekommen ist. Das Fernglas!
Mit auf den Berg genommen eröffnen sich mit dem richtigen Fernglas völlig neue Aus- und Einblicke. Es schärft dabei unseren Blick gleich im doppelten Sinne. Wir sehen damit weit entfernte Gipfel, Wildtiere und Bergsteiger, als wären sie nur einen Steinwurf entfernt. Wir sehen aber auch, wo wir uns gerade befinden. Weil wir wieder bewusst hinschauen. Und somit hoffentlich auch wieder einen Blick dafür bekommen, dass früher eben nicht alles besser war. Denn, wie so oft, kommt es dabei nur auf den Blickwinkel an!
Stay active, stay originally, stay faithful,
Benni Sauer
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