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Nomady

Mikroabenteuer zwischen Muh und Kikeriki

Linker Hand steht ein Kirschbaum. Rechter Hand ebenso. Es ist nicht viel, aber es ist eben auch alles, was ich brauche. Zwei Minuten später schwinge ich in einer Hängematte gediegen der Dämmerung entgegen. Durchatmen! 


Gutes kann so einfach sein: Der Rucksack, gepackt mit dem Nötigsten. Das Fahrrad, frisch aufgepumpt. Das Zugticket, online bezahlt und auf dem Smartphone abrufbar. Federleicht fühlt sich das an. Als würde ich gleich auf Weltreise gehen. Das Gegenteil ist der Fall: Nur ein paar Kilometer dauert die Fahrt, ins Allgäu, aufs Land. Zwei Tage möchte ich so verbringen, aussteigen, alles vergessen, Zeit finden, sie mir ganz bewusst nehmen. Das Online-Portal Nomady half mir, einen Schlafplatz zu finden. Günstig. Legal. Unkompliziert. 


Wildcampen ist nicht nur illegal, sondern auch alles andere als entspannt. Nomady ist das genaue Gegenteil. Nur wenige Klicks, da war die Nacht auch schon gebucht. Ein gutes Gefühl. Ich konnte wählen, zwischen verschiedensten, von Privatpersonen angebotenen Plätzen. Eine Streuobstwiese. Ein Garten. Ein Grundstück am Waldrand. Oder wie in meinem Fall ein Bio-Bauernhof im Ostallgäu. So eine Nacht kostet zwischen zehn und 30 Euro, eben ganz nach Ausstattung. Für mich machen also die beiden Kirschbäume, der gemähte Rasen darunter und die Erlaubnis hier Übernachten zu dürfen insgesamt nur schlappe zehn Euro. Dass einem für so wenig Geld so viel geboten wird, hätte ich selbst nicht für möglich gehalten. Doch fangen wir von vorne an.

Füssen, ganz im Süden, wo die weltberühmten Königsschlösser ein Millionenpublikum anziehen. Ich war hier schon oft. Doch diesmal ist irgendetwas anders. Um herauszufinden was genau, muss ich schon in die Pedale treten. Dann aber fällt es mir wie Schuppen von den Augen: Es ist die Art. Die Art wie ich unterwegs bin. Wie ich meinen Rucksack, oder vielmehr was ich in ihn packte. Die Art wie ich nun die Berge beobachte. Und die Art wie ich mich über den Anblick des wunderschönen Forggensees freue, so als hätte ich ihn noch nie gesehen. All das basiert fundamental auf der Hängematte in meinem Rucksack. In diesem Stück Stoff, zusammengepackt nur etwas größer als ein Apfel, werde ich die Nacht verbringen. Und das wiederum habe ich Nomady zu verdanken. Viele Rad-Kilometer von meinem Tagesziel entfernt, schwappt mir also schon jetzt die unbeschwerte, freie Philosophie entgegen: Finde deinen Platz in der Natur!


Wo der Lech in den Forggensee fließt, starte ich meine Tour. Rund 30 Kilometer sind es einmal um den See. Eine Radtour, die alles hat, was Genießer suchen: Ausblicke, Wald, Wiesen, Einkehrmöglichkeiten – und natürlich Wasser. Nicht nur Forggensee, sondern auch Hopfen-, Bannwald- und Illasbergsee, die sich allesamt recht mühelos in die Runde einbauen lassen. Das Ergebnis ist die wohl lohnendste einfache Radtour der Region. Denn die Wege sind perfekt ausgeschildert, breit und wenn überhaupt nur mit kurzen, geringen Steigungen. Genuss pur!

Am späten Nachmittag, nördlich der Seen. Irgendwo hier, zwischen Wiesen, Wäldern und kleinen Flussläufen, da soll er sein: mein Schlafplatz für die Nacht. Neugierig umfahre ich einige Höfe. Ein bisschen überrascht ertappe ich mich dabei, wie mir die lange nicht mehr gefühlte Ungewissheit gefällt. Landstreicher light! Und eigentlich ist es mir auch schon fast egal, denn plötzlich gefällt es mir hier überall ziemlich gut. 


Eine alte Bäuerin entdeckt mich bei meiner streunerischen Suche, ruft mir gutgelaunt und mit starkem Dialekt entgegen. Zu meinem Schlafplatz müsse ich schon zum Nachbarhof. Und als mir der Fahrtwind wieder um die Nase weht, da höre ich noch, wie sie mir eine geruhsame Nacht wünscht. Ich freue mich darüber selbst von der Nachbarin so freundlich begrüßt zu werden. Doch eigentlich sagt mir diese Begegnung noch viel mehr: Die Nachbarn haben es wohl häufiger mit Individual-Übernachtungsgästen zu tun – und keineswegs ein Problem damit, so wohlgesonnen wie sie mir entgegentrat. 


Ähnlich lebensfroh lerne ich Melanie kennen. Sie betreibt den Hof gemeinsam mit ihrem Mann Georg. Kühe, Katzen, Puten, Hühner. Auf dem riesigen Gelände ist einiges los. Beidseitig des Hofes eröffnen sich weite Wiesen. Dahinter nichts als Wälder, Berge, Seen. Ein Traum! Damit aber nicht nur Melanie und Georg in den Genuss dieses Plätzchens kommen, inserieren die beiden bei Nomady. Zehn Euro, damit sich auch wirklich jeder hier eine Nacht leisten kann. Brennholz und Feuerschale gibt’s für einen kleinen Aufschlag. Ebenso kann man hier frische Eier, leckeren Käse und Kuhmilch erwerben. Ein wenig kommt mir das alles vor, wie aus einem kitschigen Bilderbuch. 


(...)

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