Graue Wolken. Es sieht kalt aus da draußen. Die Blätter sind zwar alle richtig schön bunt geworden, aber der Herbstregen tröpfelt über dem Millstätter See. Mama und Papa schlafen noch. Aber ich finde, es ist Zeit aufzustehen. Wir sind doch nicht den ganzen weiten Weg nach Osttirol gefahren, nur um im Bett zu liegen!
Papa hat nicht zu viel versprochen: das Frühstücksbuffet ist riesig! Alles, was man für einen guten Start in den Tag braucht, ist da. In dem großen Gartensaal wachsen sogar echte Bäume! Fast einhundert Jahre soll dieses Bauwerk alt sein. „Etwas Besonderes“, meint Mama, als sie die hölzerne Decke bestaunt. Ich finde dagegen, dass meine heiße Schokolade etwas Besonderes ist. Zuhause gibt’s das nämlich nie zum Frühstück.
Peter Sichrowsky ist nett. Ihm gehört das große Hotel. Und er hat uns gesagt, dass es ein ganz besonderes Hotel sei. Nämlich eines nur für Kinder! Drum will er uns auch erstmal alles zeigen. Draußen regnet es ja sowieso.
Es gibt einen Spielraum, dahinter sogar eine ganze Sporthalle. Eine Kletterwand. Und selbst ein Schwimmbad! Das schlechte Wetter wird mir da plötzlich ganz egal im Kinderhotel Post! Peter sagt, dass wir noch bis 16 Uhr mit unseren Eltern in den Wellnessbereich dürfen. Oder, dass wir zur Burgi, der Kinderbetreuerin, ins Spielezimmer dürfen, während sich Mama und Papa ausruhen. Meine große Schwester und mein kleiner Bruder wollen aber baden. Und ich will das auch.
Während wir plantschen, liest Papa den Wochenplan. Jeden Tag gibt es ein buntes Programm und alle Kinder unternehmen gemeinsam etwas. Gestern schon wurden Trauben geerntet. Es wachsen nämlich mehr als 20 verschiedene Traubensorten direkt hinter dem Hotel. Und heute machen wir daraus leckeren Saft. Der süßliche Geruch verbreitet sich am Nachmittag im ganzen Haus. Ein gemütlicher Herbsttag, den wir nur zu gerne im Hotel verbringen.
Am Abend speisen wir wieder im großen Saal. Ein bisschen fühle ich mich plötzlich wie eine Königin. Alles ist so groß. Es gibt so viele leckere Sachen und ich darf so viel nehmen, wie ich auch essen kann. Mama und Papa essen von ganz vielen verschiedenen Tellern. Vegetarisch. Fleisch. Und natürlich frischen Fisch aus dem See. Es schmeckt wohl, weil Papa irgendetwas von Gott und Frankreich erzählt. Naja. Bon appétit!
Das Beste ist natürlich das Dessert-Buffet. Ich kann mich gar nicht entscheiden und nehmen deswegen einfach von allem etwas. Mama und Papa essen langsamer, aber das macht nichts. Im großen Gartensaal gibt es ja auch eine Spielecke. Einige Kinder sind übrigens noch immer bei Burgi. Deswegen sitzen manche Mamas und Paps ganz alleine mit einer Kerze und viel Ruhe an ihrem Tisch. Ihnen scheint das zu gefallen. Für mich sieht das aber irgendwie langweilig aus.
Peter ist nach dem Abendessen immer noch nicht müde und nimmt uns mit an die Kletterwand. Schnell zeigt er uns, wie man die Gurte anlegt. „Ziel ist es die Decke zu berühren“, lacht Peter. „Die Decke?“ Peter scheint das ernst zu meinen. Erst sichert er gewissenhaft meine große Schwester und dann mich.
Die Griffe sind klein, die Route knifflig. Aber ich bin so konzentriert, dass ich alles um mich herum vergesse. Irgendwann brauche ich dann tatsächlich nur noch meinen Arm zu strecken, um die Hallendecke zu berühren. Von unten klatscht es zu mir herauf. Mama und Papa sind ganz klein geworden, so weit oben bin ich.
Wir klettern alle Routen. Jeder kommt mal dran und am späten Abend sind wir alle richtige Bergsteiger geworden. Peter ist zufrieden. Er klopft mir auf die Schulter und freut sich schon darauf, uns morgen mit an den Berg zu nehmen. „Dürfen wir? Dürfen wir?“ Aber Mama nickt schon Peter zu. Na dann schnell ins Bett! Bis morgen. Gute Nacht!
(...)
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